Zusammenfassung...
 

Vor über 1000 Jahren ist erstmals nachweislich am Rammelsberg Erz abgebaut worden. Es ist durchaus nicht unmöglich, dass dies nicht der früheste Zeitpunkt war, zu dem die Lagerstätte genutzt wurde. Die weitere Aufhellung der Frühgeschichte des Bergbaus am Rammelsberg stellt eine Aufgabe zukünftiger Forschung dar. Etwa mit dem Jahr 968 begann die kontinuierliche und systematische Ausbeutung des Erzvorkommens; mit nur kurzen Unterbrechungen wurde über 1020 Jahre hinweg Bergbau betrieben.

Als erste Periode dieser über tausendjährigen Geschichte ist der Zeitraum von etwa 968 bis 1360 anzusehen. Der Rammelsberger Erzbergbau erlebte seine erste, die mittelalterliche Blütephase. Hauptgegenstände der Gewinnung bildeten Kupfer und Silber. Als oberste Bergherren wählten Könige und Kaiser Goslar als eine bevorzugte Residenzstadt; die mittelalterliche Blüte Goslars steht mit dem Bergbau in engem Zusammenhang.

Es folgte ein Jahrhundert stark eingeschränkter Bergbautätigkeit aufgrund grosser technischer Probleme. Die Entwicklung stand unter dem Vorzeichen einer allgemeinen Depressionsphase des europäischen Erzbergbaus in dieser Zeit. Die Ursachen des Niedergangs sind bisher in vielen Aspekten noch nicht befriedigend geklärt; für den Rammelsberg werden die technischen Probleme gut erfassbar

Im späten 15. Jahrhundert wurde unter massgeblicher Beteiligung der Stadt Goslar eine zweite Blütephase des Rammelsberger Berghaus eingeleitet, die für den Übergangszeitraum vom Mittelalter zur Neuzeit wiederum eine europäische Erscheinung im Bereich des Montanwesens darstellt. Am Rammelsberg verschob sich das Schwergewicht der Gewinnung zum immer wichtiger werdenden Silber und zum Blei. Eine tiefgehende Umgestaltung des Montanwesens auf allen Gebieten fällt in diese Zeit. An ihrem Abschluss steht beim Rammelsberg der Übergang des Bergbaus in die Verfügungsgewalt des Landesherrn und seine Organisierung nach dem Direktionsprinzip. Die Bergbauaktivitäten bei Goslar haben insbesondere in der letztgenannten Phase ein reichhaltiges Quellenmaterial entstehen lassen, das bis heute noch keineswegs erschöpfend bearbeitet worden ist. Hier sind wichtige Erkenntnisse über die Übergänge zwischen mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Montanwirtschaft zu erwarten.

Spätestens mit dem Dreissigjährigen Krieg ging am Rammelsberg die zweite Blüteperiode zu Ende; es folgte eine Phase weniger ertragreicher, allerdings dauerhaft gewinnbringender Bergbautätigkeit unter der wirtschaftlichen und technisch-organisatorischen Leitung durch die Landesherrschaft. Das allmähliche Zusammenwachsen zahlreicher Einzelgruben zu einem einheitlichen Bergbaubetrieb kennzeichnet diese Periode.

Mit den tiefgreifenden Reformen des Grubenbetriebs im späten 18. Jahrhundert erfolgte die schrittweise Überleitung zum (früh-)industriellen Bergbau. Nach dem Übergang der politischen Herrschaft vom Hannoverschen Königshaus auf Preussen begann in den 1880er Jahren die hochindustrielle Entwicklungsperiode des Rammelsberger Bergbaus, die zusammengenommen als seine dritte und letzte Blütephase zu betrachten ist. Wesentliche Grundlage der Entwicklung war der Fund einer neuen, bis dahin unverritzten Lagerstättenpartie, des Neuen Lagers.

Eine starke Ausweitung des Bergwerksbetriebs, die Einführung der Dampfkraft, des druckluftbetriebenen Bohrens und schliesslich die Elektrifizierung des Betriebs kennzeichnen die Entwicklungen bis zum Ersten Weltkrieg. Die Nachkriegsperiode brachte eine neuerliche Betriebsausweitung, die jedoch durch die Weltwirtschaftskrise bald gestoppt wurde.

Mit dem raschen Ausbau des Betriebs zwischen 1935 und 1938 auf der Grundlage eines bis dahin nicht verfügbaren Aufbereitungsverfahrens für die komplexen Erze wurde ein neuer Entwicklungsschritt eingeleitet. Er gipfelte im Bereich der Verhüttung in der erstmaligen Erzeugung metallischen Zinks, das in Form von Zinkblende den Hauptbestandteil der Rammelsberger Lagerstätte bildet.

Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und einer überaus schwierigen Wiederaufbauphase konnten die neuen technischen Möglichkeiten so genutzt werden, dass aus ihrer Anwendung und Weiterentwicklung eine letzte vierzigjährige Phase vergleichsweise ruhiger und kontinuierlicher Betriebsentwicklung resultierte. Der Übergang zur weitgehenden Mechanisierung des Untertagebetriebs in mehreren Entwicklungsstufen bildete ihr Hauptkennzeichen. Der Betrieb erreichte höchste technische Standards und nahm einen herausragenden Platz im europäischen Erzbergbau ein. Die Entwicklung eines Verfahrens zum verlustlosen Abbau der  kompakten, massigen Lagerstätte ist als die hervorstechende technische Leistung dieser Zeit zu bezeichnen. Durch die Erschöpfung der Erzlagerstätte endete diese Periode 1988 mit der Einstellung des Grubenbetriebes.

Der Bergbau am Rammelsberg hat eine große Anzahl von technikgeschichtlich und kulturhistorisch überragenden Denkmälern entstehen lassen. “Hier sind zunächst die Denkmäler im Alten Lager zu nennen, die in ihrer Existenz einmalig in der  Bundesrepublik sind . . .  Die Tagesanlagen . . . sind als die überragenden technischen Denkmäler des Metallerzbergbaus der Bundesrepublik  Deutschland anzusprechen und zu bewerten: Keine andere Grube hat eine derart einheitliche harmonische und großzügig-beeindruckend-repräsentative Bebauung erfahren, die auf einheimischen Baugewohnheiten aufbauend einen Kulminationspunkt in der Entwicklung der Zechenarchitektur darstellt.” (Rainer Slotta, 1983) Es ist zu wünschen und zu hoffen, dass in der Zusammenarbeit aller Verantwortlichen die umfassende Dokumentation und sachgemässe Konservierung der kulturhistorisch bedeutenden Denkmäler des Rammelsberger Bergbaus gelingen wird.